Was ist ein magisches Sechseck?
Vorweg das "magische Quadrat"
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Das dürfte bekannt sein:
Man kann die Zahlen 1 bis 9 so in einem 3x3-Quadrat verteilen,
dass die 8 Summen vertikal, horizontal und diagonal immer den gleichen
Wert haben, nämlich 15.
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Mehr findet man auf meiner Seite Magische
Quadrate.
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Entsprechend ist ein magisches Sechseck eine Figur, die
die Zahlen 1 bis 19 enthält und bei der die 15 Summen horizontal
(-), schräg nach oben rechts (/) und schräg nach oben links (\)
gleich sind, nämlich 38.
Wie beim magischen 3x3-Quadrat gibt es im wesentlichen
nur ein Sechseck dieser Art.
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Auf
der Suche nach magischen Sechsecken top
Sechsecke n-ter Ordnung
Das magische Sechseck steht in einer Reihe immer größer
werdender Sechsecke.
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Die Sechsecke bestehen aus 1,7,19, 37, ... kleinen Sechsecken.
Allgemein hat das Sechseck n-ter Ordnung 3n²-3n+1
Sechsecke.
Die Sechsecke haben 1,3,5,7,...,
allgemein
2n-1 Zeilen. |
Herleitung
der Anzahl 3n²-3n+1
Bildet man die Differenzen der Glieder, erhält man
6,12,18, ... und dann weiter als Differenz der Differenzen 6,6,6...
Es handelt sich danach um eine zweite Differenzenfolge
mit dem Bildungsgesetz f(n)=an²+bn+c.
Für n=1 ergibt sich 1=a+b+c
Für n=2 ergibt sich 7=4a+2b+c
Für n=3 ergibt sich 19=9a+3b+c |
Das Gleichungssystem hat die Lösung a=3, b= -3 und
c=1.
Das n-te Glied der Folge ist somit 3n²-3n+1. |
Es gilt 3n²-3n+1=3n(n-1)+1.
Das ist der Ansatz zu einer geometrischen Deutung der Folge.
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Man kann jedes Sechseck in 3 Parallelogramme mit den
Maßen n mal (n-1) zerlegen. Ein kleines Sechseck bleibt übrig.
Für die Zeichnung ist n=3. |
Auf der Suche nach der magischen
Zahl
In einem magischen Sechseck sind
also Summen gleich. Diese Summe H heißt magische Zahl des Sechsecks.
Addiert man alle Zahlen eines magischen Sechsecks, so gilt S=H+H+...+H
(z-mal) oder S=zH. Dabei ist S die Summe aller Zahlen und z die Zeilen-Anzahl.
Die Anzahl der Zeilen ist 1, 3, 5, 7, allgemein z = 2n-1.
Nach der Summenformel 1+2+3+...+m = m(m+1)/2 ergibt sich
S = (3n²-3n+1)[3(n+1)²-3(n+1)+1]/2
= (9n4-18n³+18n²-9n+2)/2.
Damit gilt H = S/z = S/(2n-1) = (9n4-18n³+18n²-9n+2)/[2(2n-1)]
= (9n4-18n³+18n²-9n+2)/(4n-2).
Die magische Zahl H, die als Quotient gegeben ist, muss
eine natürliche Zahl sein.
Man kann mit Hilfe geschickter Umformungen nachweisen,
dass es nur die Lösung n=3 gibt:
Man erkennt, dass H bzw. 32H nur dann ganzzahlig ist,
wenn 5/(2n-1) ganzzahlig ist. Neben den Fällen n= -2, 1,0 führt
nur n=3 zu einer ganzen Zahl, nämlich zu H=38.
Man kann auch "unmathematisch" den Computer einsetzen
und den Term H=(9n4-18n³+18n²-9n+2)/(4n-2) auf Ganzzahligkeit
überprüfen. Man erhält die gleichen Zahlen wie oben.
Auf
der Suche nach der Verteilung der 19 Zahlen.
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Nach den bisherigen Überlegungen muss ein magisches
Sechseck die Ordnung 3 haben. Dabei ist nicht gesagt, dass es es überhaupt
gibt.
Aber es existiert.
Erstaunlicherweise gibt es - abgesehen von Symmetrien
- nur eine einzige Verteilung der Zahlen 1 bis 19.
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Die Suche ist nicht ganz einfach. Sie ist eine Kombination
aus logischem Denken und Probieren.
Darstellungen findet man bei (3), (6), (Torsten Sillke,
URL unten).
Zur
Geschichte des magischen Sechsecks top
Wieder einmal hat Martin Gardner
wie viele Fragestellungen auch das Problem des magischen Sechsecks in neuerer
Zeit populär gemacht.
In Buch (4) berichtet er eine schöne Geschichte.
Er erfuhr vom magischen Sechseck durch eine Zuschrift
von Clifford W.Addams, einem pensionierten Bahnbeamten aus Philadelphia.
Dieser hatte schon 1917 begonnen sich mit dem Sechseck zu beschäftigen
und hatte erst 1957 die Lösung gefunden. Er notierte sie auf einem
Zettel, verlegte ihn und fand ihn erst 1962 wieder.
Gardner lernte die Lösung aber erst schätzen,
als er den Mathematiker Charles W. Trigg von der Universität von Los
Angeles auf das Problem ansetzte. Dieser fand heraus, dass das magisches
Sechseck einzigartig und wohl in der Fachliteratur nicht bekannt war.
Trigg veröffentlichte seinen Beweis 1964 in der
Zeitschrift "Recreational Mathematics" (3). Die Arbeit kann man bei Torsten
Sillke (URL unten) nachlesen.
Offenbar war das Problem
schon einmal Ende des 19. Jahrhunderts populär.
Bei Harvey Heinz (URL unten) kann man lesen: "Jerry Slocum
mailed me a copy of an advertisement (?) dated 1896, crediting W. Radcliffe,
Isle of Man, U.K. with this discovery in 1895".
Heinrich Hemme veröffentlichte
in einem Aufsatz für die Zeitschrift Bild der Wissenschaft (1988)
und Hans F. Bauch in Wissenschaft und Fortschritt (1990),
dass der Stadtbaurat Ernst von Haselberg aus Stralsund dieses Problem schon
im Jahre 1887 kannte, löste und auch die Eindeutigkeit nachwies (1),
(5), (6).
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In seiner Amtszeit als Stadtbaurat in Stralsund wurde
zum Beispiel die Prachtwand neben dem Rathaus saniert, die ich bei einem
Besuch 1995 für wert hielt zu fotografieren. |
Magisches T-Hexagon
top
Es gibt ein weiteres magisches
Sechseck, jedoch geformt aus Dreiecken. Es heißt T-Hexagon (triangle
hexagon). Zum Unterschied heißt das Sechseck oben auch H-Hexagon
(hexagon hexagon).
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Das nebenstehende Sechseck besteht aus 24 gleichseitigen
Dreiecken.
Man kann die natürlichen Zahlen 1 bis 24 so verteilen,
dass es magisch wird.
12 Summen horizontal (-), schräg nach oben
rechts (/) und schräg nach oben links (\) sind gleich, nämlich
75.
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Anzahl
der Dreiecke
Das T-Hexagon steht in einer Reihe immer größer
werdender Sechsecke.
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Das Sechseck n-ter Ordnung besteht aus 6n² Dreiecken.
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Magische
Zahlen
Wieder gilt S=zH.
Mit S = 1+2+3+ ... +6n² = 6n²(6n²+1)/2
= 18n4+3n² und z = 2n ist
H = S/z = (18n4+3n²)/2n =[3n(6n²+1)]/2
Der rechte Term H ist nur eine natürliche Zahl,
wenn der Zähler gerade ist. Dann muss n eine gerade Zahl sein.
Danach kann von den drei oben abgebildeten Sechsecken
nur das mittlere Sechseck magisch sein.
Es gibt viele magische Sechsecke dieser Art.
Zur Geschichte des T-Hexagons top
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Das erste Mal wird, soweit bekannt, das T-Hexagon von
Hans F. Bauch untersucht. Die Ergebnisse veröffentlichte er in den
Mathematischen
Semesterberichten
1991 (7).
Links ein Beispiel aus der Originalarbeit: Ein T-Hexagon
mit einem einfachen inneren Sechseck
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Das T-Hexagon heißt dort Magisches Sechseck D(4).
(D für Dreieck, 4 für die Anzahl der Zeilen).
Die Bezeichnung T-Hexagon
findet man auf der Web Site Hexagonia von John Baker. Offenbar fanden John
Baker und David King die T-Hexagone unabhängig von Hans F. Bauch noch
einmal. Auf John Bakers Seite steht nämlich: "This arrangement was
discovered on 13th September, 2003 and as far as we can ascertain is the
first example of a magic T-hexagon."
Varianten
des magischen Sechsecks top
1 Magische Sechsecke mit ganzen
Zahlen
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Man kann die aufeinanderfolgenden ganzen Zahlen
-4, -3, -2, ...13,14 in einem Sechseck dritter Ordnung so unterbringen,
dass es magisch wird.
Die magische Zahl ist 19. |
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Das nebenstehende Sechseck enthält die ganzen Zahlen
von -9 bis +9 mit der magischen Zahl 0.
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Das kann wahrscheinlich so verallgemeinert werden: In einem
Sechseck der Ordnung n (n>2) kann man die Zahlen von -3n(n-1)/2
bis +3n(n-1)/2 so verteilen, dass ein magisches Sechseck mit der
magischen Zahl 0 entsteht. (Mitteilung von Torsten Sillke, URL unten).
Ein Beweis steht noch aus.
Bei en.wikipedia findet man
auf der Seite
Magic Hexagon Sechsecke vierter, fünfter und
siebenter Ordnung. Sie verwenden aufeinanderfolgende natürliche Zahlen
mit größeren Start-Zahlen als 1. Autor der Sechsecke ist Zahray
Arsen.
2 Magisches
Sechseck und Mittelwert
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Das nebenstehende Sechseck dritter Ordnung enthält
wie das magische Sechseck die Zahlen 1 bis 19.
Jede der 15 Zeilen hat nicht dieselbe Summe, sondern denselben
Mittelwert 10.
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Quelle: Fred W. Helenius (nach Torsten Sillke)
3 Magischer
Stern
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Er enthält die Zahlen 1 bis 12.
Es gibt sechs gleiche Summen.
Die magische Zahl ist 26.
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Der magische Stern war schon im 19.Jahrhundert
bekannt.
In Buch (2) werden 96 verschiedene
Belegungen des Sterns dargestellt.
Mehr findet man im Internet
bei "Suzanne Alejandre and Mutsumi Suzuki's Magic Stars" (URL unten)
4 Hexagramm
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Es enthält die Zahlen 1 bis 12.
Es gibt sechs viergliedrige gleiche Summen
Die magische Zahl ist 33.
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Entdeckt bei MathWorld (Bolt, B.; Eggleton, R.; and
Gilks, J. "The Magic Hexagram." Math. Gaz. 75, 141-142, 1991)
5 Erste
Figur aus neun Sechsecken
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Lässt man beim Sechseck vierter Ordnung 7 kleine
Sechsecke weg, so entsteht eine Figur mit 3 konzentrischen Sechsecken und
mit einem Ring aus 6 Sechsecken. |
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In diesem Sechseck (zwei Ansichten) können die Zahlen
1 bis 30 so verteilt werden, dass es "magisch" wird.
Es gibt 9 gleiche, sechsgliedrige Summen und zwar immer
gebildet von den Eckzahlen der Sechsecke.
Die magische Zahl ist 93.
Es gibt viele Lösungen. |
Quelle: Harvey Heinz (URL unten)
6 Zweite
Figur aus neun Sechsecken
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Es gibt noch eine weitere Figur aus neun Sechsecken,
in der die Zahlen 1 bis 30 so eingetragen werden können, dass es magisch
wird.
Die Figur besteht aus neun Ringen, die gemeinsame Abschnitte
haben.
Die magische Zahl ist 93. Das ist die Summe der Zahlen
eines Sechseck-Ringes.
Es gibt viele Lösungen.
Dazu fand ich eine Information auf der Seite von
Jaewook Shin (URL unten) mit einem Bild als Beleg.
"The original source of the problem: Gu-Su-Ryak by Choi,
Seok Jung (1646~1715). This book is displayed in the museum of Daejeon
history in Daejeon, Korea." |
Quelle: http://www.mcs.anl.gov/~jaewook/papers/ms_thesis.html
(2006 online)
Das
magische Sechseck im Internet top
Deutsch
Wikipedia
Magisches
Sechseck, Ernst
von Haselberg
Englisch
David King
Hall
of Hexagons
Eric W. Weisstein (World of Mathematics)
Hexagon,
Talisman
Hexagon,
Magic
Hexagon,
Magic
Hexagram
Frank R. Kschischang;
The
Magic Hexagon
Hans F Bauch
The
magic hexagon of Ernst v. Haselberg (.pdf-file)
Mutsumi Suzuki (bei mathforum)
Magic
Stars
Torsten Sillke
Magic
Hexagon, Magic-Hexagon-Trigg
Wikipedia
Magic
hexagon
Referenzen top
(1) Ernst von Haselberg:
Section 795: Zeitschrift für mathematischen
und naturwissenschaftlichen Unterricht 19 (1888) 429
Aufgabe
Section 801: Zeitschrift für mathematischen
und naturwissenschaftlichen Unterricht 20 (1889) 263-264 Auflösung
(2) Hermann Schubert: Mathematische Mußestunden, Neubearbeitung
von F.Fittig, Walter de Gruyter und Co, 1935
(3) Charles W. Trigg: A Unique Magic Hexagon, Recreational Mathematics
Magazine (January-February 1964)
(4) Martin Gardner: Mathematisches Labyrinth, Braunschweig/Wiesbaden
1979 [ISBN 3-528-08402-2]
(5) Heinrich Hemme: Das magische Sechseck, Bild der Wissenschaft (Oktober
1988) 164-166
(6) Hans F. Bauch: Zum magischen Sechseck von Ernst v. Haselberg, Wissenschaft
und Fortschritt 40:9 (1990)
(7) Hans F. Bauch: Magische Figuren in Parketten, Mathematische Semesterberichte
38:1 (1991)
(8) Klaus-Peter Rudolph, Hans Friedrich Bauch: Gurami - das neue Zahlenrätsel,
Berlin 2011 [ISBN 978-3-9811892-3-0]
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2006 Jürgen Köller
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